Wolle – vegan & umweltfreundlich

Schmerzlose Alternativen

Vegane Alternativen für Wolle zu finden ist verhältnismässig einfach, aber vegane Garne aus Pflanzenfasern zu finden, die auch umweltfreundlich sind, erschwert das Vorhaben erheblich. Das bedeutet aber keinesfalls, dass die Verwendung von Wolle aus tierlicher Herkunft eine bessere Umweltbilanz hätte, denn die mit der Tierhaltung verbundene Landnutzung, Futtermenge und Treibhausgasemission sind enorm.  Hinzu kommen unzählige Chemikalien, die in der Aufbereitung und Ausrüstung Verwendung finden. Vor allem aber steht das unsagbare Leid der Tiere im Vordergrund, was für sich allein Grund genug ist, Alternativen zu verwenden!
Umweltauswirkungen entstehen entlang des gesamten Lebenswegs eines Textils, unabhängig davon, ob die Ausgangsstoffe tierlicher, pflanzlicher oder chemischer Natur sind. Relevant dafür sind die Gewinnung der Rohstoffe, die Herstellung der Fasern, die Textilproduktion, der Gebrauch und natürlich die Entsorgung.

Fazit zuerst, für die TL;DR Anhänger

Das demnach gesündeste Material der Wahl ist Biozertifiziert und mit einem GOTS oder IVN-BEST, Fairtrade oder zumindest einem bioRe Label ausgestattet. Pur oder aus einem Materialmix folgender Fasern: Bio-Leinen, Bio-Hanf, Bio-Soja, Bio-Bambus, Seacell, Bio-Bananenseide (Abacá), Bio-Kork, Bio-Kapok, Bio-Ramie, Bio-Nessel (z.B. Brennnessel) und Bio-Baumwolle.

Umweltfreundlich sollen ausserdem recycelte Baumwolle und mechanisch aufbereitetes Nylon oder Polyester sein.


Bezugsquellen:

Auf der Suche nach Garnen die aus Leinen, Hanf, Soja, Bambus, Seacell, Bananenseide, Kork, Kapok, Ramie, Nessel (z.B. Brennnessel), Baumwolle oder Tencel hergestellt wurden und die darüber hinaus biozertifiziert und mit einem GOTS oder IVN-BEST, Fairtrade oder zumindest einem bioRe Label ausgezeichnet sind, wurde schnell klar, dass es wahrhaft nicht einfach ist, solche Handstrickgarne auf dem Markt zu finden! In der Textilbranche sieht das schon etwas anders aus. Hilft der Umwelt aber der Handstrickgarnsuche nicht.


+ Bisher konnte ich 100% Biobaumwolle mit einem bioRe Label ausfindig machen und sogar in einem kleinen Wolleladen in Bern kaufen. Das Garn fühlt sich wirklich sehr gut an, es ist weich und die Färbungen der Knäule bewegen sich eher in einem unaufdringlichen pflanzenfarbenen Pastellbereich. Leider werden diese Biobaumwollgarne aus dem Sortiment genommen, da sie nicht weiter lieferbar sind.

+ In eben jenem Laden tauchten dann noch einige Knäule aus 100% Bambusgarn vom selben Hersteller (Rowan) auf. Das Garn ist unglaublich weich und die Farben auch eher zurückhaltend, allerdings ohne jegliche Zertifizierung und auch dieses Garn wird vom Markt genommen.

+ Bio Flachs und Leinen Handstrickgarne, die GOTS-zertifiziert sind, konnte ich bei „Flachs und Leinen“ finden.

+ Auf Etsy und Dawanda finden sich einige Pflanzenfasern, einige handgefärbt und direkt aus Indien, natürlich ohne jegliche Zertifizierung.

+ Biobaumwolle wird von COOP via Naturaline in kräftigen Farben angeboten. Laut des Mediensprechers Ramón Gander von COOP ist es grundsätzlich so, dass die bioRe-Richtlinien mit den Anforderungen an Naturaline-Produkte übereinstimmen und umgekehrt. COOP möchte diese Anforderungen aber lieber direkt mit der Eigenmarke verknüpfen und kommunizieren. Ohne Ausnahme könnten alle Naturaline-Produkte mit dem bioRe-Label gekennzeichnet werden. Das GOTS-Label loben sie nicht aus, da die Anforderungen von Naturaline (sowie die von bioRe) strenger sind. Beispielsweise muss ein Produkt nur zu 70% aus Naturfasern bestehen, um von GOTS zertifiziert zu werden und Bauern erhalten keine Abnahmegarantie. Naturaline garantieren dies jedoch und engagieren sich auch im Rahmen von Sozialprojekten für die Bauern und ermöglichen Schulungen in biologischem Landbau.


Einfacher zu finden sind Materialmixe, meist mit Chemiefasern oder Baumwolle. Also vegan aber eben nicht unbedingt umweltfreundlich und sozial verträglich!

Warenkunde tierfreundlicher Textilien


Im Detail

Naturfasern vs. Chemiefaser

Um Pflanzenfasern zu gewinnen, ist ein hoher Wasserverbrauch schon im Anbau notwendig. Dieser Verbrauch ist bei der Herstellung von Chemiefasern weitaus geringer. Dafür wird zur Herstellung von synthetischen Chemiefasern Erdöl verwendet und ausserdem fossile Energieträger, die während der Faserproduktion benötigt werden. Der Energiebedarf für die Herstellung von Polyesterfasern im Vergleich zur Baumwollfaserproduktion ist erheblich höher. Die Produktion von Naturfasern hingegen benötigt viel Fläche. Der Flächengebrauch liegt bei Wolle aus tierlicher Herkunft (konventionell) bei einem über 60-fachen im Vergleich zu cellulosischer Chemiefaser oder Baumwolle.


Umweltskala

Eine niederländische Non-Profit-Organisation MADE-BY hat eine Umweltskala entwickelt, die Naturfasern und Chemiefasern nach den Kriterien Energie- , Wasser- und Landnutzung, Giftigkeit für Menschen und Umwelt sowie Treibhausgasemissionen analysiert und in Umweltklassen von A bis E klassifiziert.

Umweltklasse A

Recycelte Baumwolle, Wolle und mechanisch aufbereitetes Nylon und Polyester, Bioleinen und Biohanf.

Umweltklasse B

Chemisch aufbereitetes Nylon und Polyester, „Crailar® Flax“ (Flachsfaser ohne Pektin), Baumwolle, die in der Umstellungsphase angebaut wurde, Monocel® (Bambus & Lyocell Faser gewonnen aus dem Rohstoff Holz), Biobaumwolle und Tencel® (Lyocell Faser gewonnen aus dem Rohstoff Holz).

Umweltklasse C

Konventionell angebautes Leinen und Hanf, Pla Fasern und Ramiefaser (Bastfaser).

Umweltklasse D

Modal® (Ausgangsstoff Buchenholz), Polyacrylic und fabrikneues Polyester. Bambus Viskose (Chemiefasern auf Cellulosebasis), konventionell angebaute Baumwolle, fabrikneues Nylon, Wolle, gewöhnliche Viskose, Rayon (Chemiefasern auf Cellulosebasis), Elastan (Spandex, Chemiefaser mit hoher Elastizität), Rayon („Kunstseide“ auf Basis Cuprammoniumcellulose).

Leider fehlen einige gebräuchliche Materialien, die aber laut MADE-BY 2016 hinzugefügt werden, wenn bis dahin die benötigten Informationen erhoben sind.

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Textilherstellung

Viele Prozesse in der Textilherstellung sind nicht sehr populär und werden uns Konsumenten nicht unbedingt über alle Kanäle der Werbetrommelkunst näher gebracht. Schauen wir also etwas genauer hin. Welches sind die Umweltbelastenden Kriterien der Textilherstellung am Beispiel Baumwolle aus konventioneller Landwirtschaft:

Der Anbau – Fasererzeugung

Negative Auswirkungen auf Ökosysteme verursacht der konventionelle Anbau von Baumwolle in Monokulturen und der damit einhergehende Einsatz von Pestiziden (Insektizide, Herbizide insb. Entlaubungsmittel, Fungizide etc.) chemisch-synthetische Dünger, Welkemittel und Wachstumsregulatoren. Diese toxischen Substanzen finden sich in den Böden und Gewässer wieder und führen zu Schäden in Ökosystemen und dem Verlust an Biodiversität. Der Anbau von genmanipuliertem Saatgut verschärft die Situation zusätzlich. Der enorme Wasserverbrauch ist ein weiteres erhebliches Problem, da dieses Wasser oft in Regionen der Welt verbraucht wird, in denen Wasser ein knappes Gut ist.

Produktion der Rohfaser – Faserproduktion – Textilerzeugung

Ein chemisch-technologischer Prozess, der aus dem Ausgangsprodukt Fasern, Garne und Flächengebinde herstellt. Dazu werden Hilfsstoffe, Mattierungsmittel und Stabilisatoren eingesetzt, eine Vielzahl meist toxischer Substanzen, um die Faserqualität den Ansprüchen gemäss herzustellen. Der Wasserverbrauch und die Wasserverschmutzung ist auch hier enorm. Das verwendete Wasser kann oft nur als Sondermüll entsorgt werden.

Textilveredlung – Ausrüstung – Appretur

Die Textilveredlung erfolgt als Kombination chemischer, thermischer und mechanischer Verfahren. Hier wird je nach Bedarf gebeizt, entschichtet, gebleicht, gespannt, gewaschen uvm., anschliessend gefärbt und bedruckt. Des weiteren wird imprägniert, mercerisiert, knitterfreibehandelt, weichgriffausgerüstet, eine Biozide-, flammhemende, Geruchs- und Antischmutzbehandlung vorgenommen und das ganze zu guter Letzt beschichtet. Die weitreichenden Umweltauswirkungen bei der Textilausrüstung werden durch den Einsatz umwelt- und gesundheitsgefährdender Chemikalien verursacht (z.B.Kunstharze, Azofarbstoffe, Dispersionsfarbstoffe, TributylzinnSchwermetalleFormaldehydHalogenePhthalate, Lösungsmittel). Dazu kommt der hohe Wasserverbrauch und die Wasserverschmutzung.  Zusätzliche Belastungen bestehen ferner durch die abgasseitigen Emissionen und durch den hohen Energieverbrauch.

Gebrauch & Entsorgung

Kleidung ist zur Wegwerfware geworden. Das belastet die Umwelt und Gesundheit, denn Textilien werden mit aberhundert toxischen Chemikalien produziert, die zum Teil durch das Waschen in die Kanalisation gelangen. Kläranlagen können einige Gifte und Partikel nicht vollständig unschädlich machen, so erreichen diese schlussendlich unsere Gewässer. Manche Textilien wären tatsächlich besser im Sondermüll aufgehoben als auf der Haut oder gar in Kinderhänden.


Textilsiegel

Das Bio-Zertifikat garantiert den ökologischen Anbau der Faser. Über die Weiterverarbeitung sagt es leider nichts aus. Textilsiegel, die im Handstrickgarnbereich zu finden sind und auch über die Weiterverarbeitung und über Sozialstandards Auskunft geben, sind beispielsweise das GOTS- und IVN-Best-Siegel (von Greenpeace als vertrauenswürdig eingestuft), das FAIRTRADE und bioRe®- Label.

Empfohlene Textilsiegel von Greenpeace
Textilsiegel im Überblick


Ein kurzer Überblick der genannten Zertifikate:

Global Organic Textile Standart (GOTS)

Global Organic Textile Standard (GOTS)

GOTS ist ein weltweit anerkannter Standard und wird von der „International Working Group on GOTS“ vergeben. Neben dem ökologischen Anbau werden auch alle weiteren Produktionsschritte berücksichtigt. Ausserdem sind soziale Mindeststandards, die regelmäßig überprüft werden, Teil des GOTS. Die Liste zugelassener Farben und Hilfsmittel ist überschaubar. Ausnahmen sind aber zugelassen, z.B. der Einsatz von optischen Aufhellern oder schwermetallhaltige Farben, die Kupfer enthalten (bis zu 5% Gewichtsanteil in blauen, grünen und türkisfarbenen Farbstoffen) und die Veredelung von Baumwollgarnen mit Natronlauge zur Erhöhung des Glanzes. Das Bleichen auf Sauerstoffbasis ist nur für Baumwolle vorgeschrieben. Andere Fasern können mit Substanzen, die der chemischen Anforderung des Standards entsprechen, behandelt werden.
Es gibt zwei Labelstufen
1. „kbA/kbT“ („organic“) : mindestens 95 % des Fasermaterials muss aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft stammen.
2. „hergestellt aus x % kbA/kbT-Fasern“: mindestens 70 % des Fasermaterials muss aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft stammen. Maximal 30 % des Faseranteils kann aus konventionellen Naturfasern, aus bestimmten Regeneratfasern oder bestimmten synthetischen Fasern bestehen.
GOTS Standards (Version 4.0) 

IVN-Best-Siegel

IVN-Best-Siegel

Bislang gibt es laut der Aussage der IVN keine IVN-Best zertifizierte Handstrickgarne (zum Stricken und Häkeln), die aus Pflanzenfasern hergestellt werden. Die ausführlichen Richtlinien sind nur über eine Anforderung via Mail erhältlich.

FAIRTRADE

FAIRTRADE

Das Fairtraide-Siegel wird von nationalen Organisationen, die von dem internationalen Dachverband Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) zertifiziert wurden, vergeben. Es steht für eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Baumwollproduzenten sowie für soziale Gerechtigkeit und Fairness auf dem globalen Markt. Es gewährleistet beispielsweise, dass Baumwollproduzenten langfristige Lieferbeziehungen pflegen können und ohne Zwischenhändler einen fairen und stabilen Preis für ihre Baumwolle erhalten. Durch die Vorfinanzierung und die Zahlung eines garantierten Mindestpreises können Produktionskosten zuverlässig gedeckt und die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bauern, auch auf lange Sicht, erheblich verbessert werden. Zusätzlich wird über die FLO eine so genannte Fair-Trade-Prämie gezahlt, die ausschliesslich für die Finanzierung ökonomischer und sozialer Projekte verwendet wird. Fairtrade fördert ausserdem den ökologischen Anbau- und ebensolche Verarbeitungsmethoden.

FAITRADE Standards

bioRe

bioRe

Der bioRe Sozial- und Umweltstandard beinhaltet die Anforderungen an die Produktion von Bio Baumwolle aus den bioRe-Projekten. Die Kriterien umfassen den Marktpreis und eine Prämie von 15% für Bio Baumwolle, eine Abnahmegarantie an die Bauern, wonach mindestens 80% ihrer Ernte abgekauft wird und Dienstleistungen wie Ausbildung, Beratung, Gemeinschaftsprojekte, Bauernvertretung, ökonomische Entwicklung, Arbeitsrechte und das CO2 Monitoring. Der bioRe-Standard wird in einem Revisionsprozess jährlich überprüft und in Diskussionen mit Bauern neubewertet. Im Entscheidungskomitee sind 50% Bauern vertreten. Jegliche Veränderungen im Standard müssen im Konsens beschlossen werden.

Quelle: http://www.biore-stiftung.ch/entwicklung/



Quellen:

K.U.Heyland, H. Hanus, E.R. Keller: Ölfrüchte, Faserpflanzen, Arzneipflanzen und Sonderkulturen In: Handbuch des Pflanzenbaues, Bd. 4, S. 301-307,
http://farmhub.textileexchange.org/upload/learning%20zone/cotton%20dialogues/Meeting%20Of%20The%20Global%20Organic%20Cotton%20Community%20-%203rd%20F2F.pdf
http://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebranchen/textilindustrie
https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/HG__Bekleidung_Umwelt_BB_JE_06_2010.pdf
http://universal_lexikon.deacademic.com/309246/Textilveredlung%3A_Ver%C3%A4nderung_von_Fasern
http://www.greenpeace.de/themen/endlager-umwelt/gefahrliche-substanzen-der-textilindustrie
http://www.umweltinstitut.org/fragen-und-antworten/bekleidung/baumwolle-verarbeitung.html
http://www.global-standard.org/images/GOTS-version4-01Maerz2014_deutsch.pdf
http://www.biothemen.de/Oekologie/rohstoffe/baumwolle.html#transgen
http://www.fairtrade.net/
https://de.wikipedia.org/wiki/Fairer_Handel

http://www.naturtextil.de/medien/ivn_qualitaetszeichen_vergleichGOTSundBEST.pdf


 

Hast du Erfahrung mit Leinen, Hanf, Soja, Bambus, Seacell, Bananenseide, Kork, Kapok, Ramie, Nessel (z.B. Brennnessel), Baumwolle oder Tencel?
Weisst du, wo die Garne zu bekommen sind? Was denkst du über die Textilsiegel? Welches überzeugt dich? Ich freue mich auf deinen Kommentar 🙂

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